Grüne Agrarpolitik für Hessen mit Hans-Jürgen Müller

Am 28. April 2022 folgten neben Mark Trageser, dem Vorsitzenden des Bauernverbandes des Main-Kinzig-Kreises, auch einige Landwirt:innen und andere interessierte Mitbürger:innen aus Biebergemünd der Einladung des Grünen Ortsverbands zum digitalen Grünen Stammtisch, der sich mit dem Thema „Nachhaltige Landwirtschaft in Hessen“ beschäftigte.

Der langjährige Biolandwirt und Sprecher der Grünen Landtagsfraktion für Landwirtschaft, Tierschutz und Jagd, Hans-Jürgen Müller, beschrieb zunächst seine Sicht auf die Landwirtschaft im Wandel der Zeit. Er erläuterte dabei die Relevanz der verschiedenen Säulen der Agrar-Förderung aus EU-, Bundes- und Landesgeldern, welche dazu dienen sollen, durch ökonomische Anreize eine nachhaltigere Entwicklung in der Landwirtschaft zu lenken.

Ziel grüner Agrarpolitik ist die Entwicklung hin zu einer resilienten Landwirtschaft, die anpassungsfähig ist und klimaschonend arbeitet. Der ökologische Landbau vereint laut Müller Klima- und Biodiversitätsschutz sowie Tierwohl und Wasserschutz. Hessen liegt mit einem Anteil von 15,9 % ökologischer Landwirtschaft im bundesweiten Vergleich vorne (bundesweit 7,5 %).

Hochlandrind
Ein Hochlandrind bei Lützel

Einige Aspekte der gegenwärtigen Agrarförderungen, welche noch aus früheren Legislaturperioden stammen, sieht Hans-Jürgen Müller allerdings durchaus kritisch. So komme ein erheblicher Teil der Fördergelder gar nicht bei den Landwirten an, sodass nicht die Bewirtschaftung sondern das Eigentum von Land subventioniert wird. Andere Maßnahmen, wie etwa die Förderung von 6 Euro pro Baum und Jahr für einen Erhaltungsschnitt von Streuobstbäumen, stehen in keinem zufriedenstellenden Verhältnis zu dem damit verbundenen Aufwand. Dem stimmt auch einer der Biebergemünder Landwirte zu, der von der mühseligen Befreiung hiesiger Streuobstwiesen von Mispeln berichtet.

Biebergemünd zwischen Kassel und Lanzingen

Vor dem Hintergrund des Angriffskriegs auf die Ukraine war auch die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln Gesprächsthema. Die Freigabe nicht produktiver Fläche zur Bewirtschaftung lehnt der ehemalige Landwirt ab, denn ökologische Rückzugsorte sind von großer Bedeutung für die biologische Vielfalt und damit unser Ökosystem. Richtig wäre stattdessen die Eindämmung des Flächenfraßes und der Lebensmittelverschwendung. Auch die massive Reduktion des Fleischkonsums wäre ein effektiver Hebel, um Flächen für die Lebensmittelproduktion freizugeben, denn aktuell wird auf über 60 % der Agrarfläche in Deutschland Tierfutter angebaut.

Müller düngt schonend mit Kompost

Sehr kontrovers wurde die Debatte zum Thema Düngemitteleinsatz geführt, genauer gesagt: Über die Menge des verteilten Düngers und dessen Einfluss auf das Grundwasser. Bedingt durch die Trockenheit in den letzten Jahren ist der Grundwasserspiegel bereits strapaziert. Gleichzeitig steigt die Nitratbelastung. Dieser Effekt wird noch dadurch verschärft, dass das Ausbringen der Düngemittel bereits im Frühjahr in der Erwartung gewisser Niederschlagsmengen erfolgt. Bleibt der erhoffte Regen dann aus, findet entsprechend weniger Pflanzenwachstum statt und das Nitrat wird nicht von den Pflanzen verarbeitet sondern versickert. Müller zitierte eine aktuelle Studie der Uni Gießen, die belegt, dass der Stickstoff-Überschuss in Hessen im Durchschnitt 61 kg N/ha Landwirtschaftsfläche (LF) beträgt.

Da die vielfältigen Gesprächsthemen nur andiskutiert werden konnten und der Austausch allerseits positiv gewertet wurde, wollen die Diskussionsteilnehmer:innen das Treffen gerne wiederholen. „Ich freue mich über die Gelegenheit zum Austausch mit Landwirten aus der Region über „grüne“ Positionen. Unser Grünen Stammtisch in Biebergemünd bietet eine ideale Plattform für eine kritische Auseinandersetzung und konstruktiven Diskurs über Parteigrenzen hinaus“, so Pascal Kunkel, Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen Biebergemünd.

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